Matthias Story

Du kommst ursprünglich aus Nord­deutsch­land.

Fühlst Du Dich noch als wasch­echter Friese oder bist Du längst ein Ruhr­pottler? Ich würde sagen, ich bin ein adoptierter Pottler (lacht). Der Norden wird immer meine Heimat bleiben – das Essen, die Musik, die Mentalität. Das alles liegt mir nach wie vor am Herzen. Aber nach all den Jahren in Dortmund kann ich mit Sicherheit sagen: Hier bin ich richtig angekommen.

Bevor es Dich ins Ruhr­gebiet verschlagen hat, hast Du einige Jahre in Griechen­land verbracht.

Ja, ich komme aus der Jugendhilfe und habe dort vier Jahre lang ein Intensiv-Wohnprojekt für Jugendliche mit besonderem Förderbedarf aus Deutschland geleitet. Das waren Jungs, bei denen vorher weder Lehrer noch Sozialarbeiter oder Psychologen weitergekommen sind – in Griechenland haben sie die Chance bekommen, noch einmal ganz neu anzufangen.

Das klingt nach einer anspruchs­vollen Aufgabe.

Definitiv! Aber auch eine Zeit, in der ich viel über mich selbst gelernt habe – besonders, was den Umgang mit Stress angeht. Heute lässt mich so schnell nichts mehr aus der Ruhe kommen. Eine Eigenschaft, die Dir als Pädagogischer Leiter im NLZ sicher zugutekommt. (lacht) Auf jeden Fall. Aber zum Glück bin ich nicht allein. Wir haben beim BVB ein unglaublich starkes Team. Unsere Kolleginnen und Kollegen sind hier jeden Tag mit vollem Herzen dabei, damit unsere Nachwuchsspieler ideal betreut und unterstützt werden. 

Lars Ricken hat mal gesagt, dass unsere Nach­wuchs­spieler im Prinzip zwei Jobs haben: Fussball und Schule.

Absolut. Viele Tage sind durchgetaktet. Nimm einen U17-Spieler: Der steht um sechs Uhr auf und oft ist der Tag erst um 20:30 Uhr zu Ende – und das fünfmal die Woche. Dazu kommen vielleicht noch Spiele in der Youth League, Einsätze für die Nationalmannschaft sowie DFB-Lehrgänge und Turniere. Das ist schon ein ordentliches Brett.

Heute Youth League in Barcelona, übermorgen Abschluss­prüfung in der 10. Klasse.

Ist der Traum, Fußballprofi zu werden, nicht viel größer als der Wunsch nach einem guten Schulabschluss? Klar, die Jungs sind hier, weil sie Talent haben und den großen Traum von der Bundesliga verfolgen. Aber wir zeigen ihnen jeden Tag, dass beides möglich ist. Man kann im Fußball herausragend sein und trotzdem einen guten Schulabschluss machen.

Was ist neben der schuli­schen Förderung besonders wichtig?

Sportliche Entwicklung funktioniert nicht ohne persönliche Entwicklung. Und hinter jeder starken Persönlichkeit steckt mehr als nur eine einzige Sache, die man richtig gut kann. Was meinst Du damit? Wir wollen keine Fußballzombies, die nur in ihrer eigenen Blase leben. Der Wert eines Menschen bemisst sich nicht danach, ob er in einem NLZ ist oder nicht. Deshalb ermutigen wir die Jungs, sich bewusst Freiräume zu schaffen, ein normales Leben zu führen. Sie nehmen an Klassenfahrten teil, haben andere Hobbys und pflegen Freundschaften abseits des Fußballs. 

Regelmässig schaffen NLZ-Talente den Sprung in den Profi­bereich. Ist das die grösste Bestätigung Eurer Arbeit?

Es zeigt, was möglich ist. Aber ich möchte ein anderes Beispiel nennen: Ein Spieler kam in der U15 zu uns. In der U19 wurde klar, dass es für den Profibereich nicht reicht. Aber auch mit unserer Unterstützung hat er ein Einser-Abitur gemacht. Vor anderthalb Jahren hat er sich bei uns gemeldet, um sich zu bedanken – heute studiert er Medizin. Wow, das ist echt stark. Ja und es macht mich genauso stolz, wie wenn ich einen NLZ-Spieler im Stadion unser Trikot tragen sehe.

Um ganz oben anzukommen, braucht es aber mehr als individuelle Entwicklung.

Genau! Fußball ist Teamsport, und deshalb legen wir großen Wert auf Teambuilding. Seit einigen Jahren segeln wir zum Beispiel mit der gesamten U15 vor dem Saisonstart auf einem Plattbodenschiff in Holland. Da gibt’s also kein Entkommen? Keine Chance! Spieler wie Ansgar Knauff – die haben das alle schon mitgemacht. Fünf Tage auf engstem Raum: Segel setzen, kochen, Toiletten sauber machen, Feuerspucken am Strand. Es ist immer großartig zu sehen, wie die Jungs einzeln an Bord gehen und als echtes Team wieder runterkommen.

Und danach gibt’s Fisch­frikadelle oder doch Curry­wurst?

(lacht) Also, wenn ich die Wahl habe, nehme ich immer einen frisch geräucherten Matjes!

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